Kunstmuseen

Lenbachhaus
Interview mit dem Museumsdirektor Herrn Prof. Friedel

Rupprecht Geiger und Herr Prof. Friedel – eine Freundschaft zwischen Museumsdirektor und Künstler

Wir trafen am 27. März 2008 Herrn Prof. Friedel – Direktor des Lenbachhauses in München, in den letzten Tagen der Ausstellung „Rupprecht Geiger“ - Retrospektive, die dort vom 15. Dezember 2007 bis 30. März 2008 zu sehen war. Wir wollten ihm einige Fragen stellen. Beim Interview ist uns sofort aufgefallen, dass Herr Prof. Friedel eine rote Hose anhatte. Wir haben nicht nur Dinge über den Künstler Geiger, sondern auch über Herrn Prof. Friedel selbst erfahren.

Herr Prof. Friedel wurde 1990 mit nur 44 Jahren Museumsdirektor des Lenbachhauses. Er hat zwei erwachsene Kinder im Alter von 28 und 29 Jahren und auch schon ein Enkelkind. Seit 31 Jahren kennt er bereits den Münchner Künstler. 1978 bereitete er eine Ausstellung Geigers zu dessen 70. Geburtstag vor. Sehr lang sind beide schon befreundet. Der Museumsdirektor besuchte den Künstler öfter in seinem Haus am Chiemsee, wo er ihn richtig kennen lernte. Wie viele Ausstellungen Geigers er bereits organisierte, hat er nie gezählt. Zum 90. Geburtstag organisierte Herr Prof. Fiedel für den Künstler eine Feier im 110 m langen Kunstbau – einem Raum, der auch zum Lenbachhaus gehört und sich in einem ehemaligen U-Bahn-Tunnel an der U-Bahn-Station Königsplatz befindet. Dabei wurden sehr große Bilder Geigers präsentiert und alle Gäste saßen an einer langen Tafel zum Essen. Herr Prof. Geiger ist also ein Rupprecht Geiger-Spezialist, der uns viel Wissenswertes erzählen konnte.

Münchner Kunstdetektive: Wissen Sie wie viele Bilder in der Ausstellung zu sehen sind ?
Herr Prof. Friedel: Ich habe sie nicht gezählt. Das wäre ja eine Aufgabe für die Kunstdetektive, aber ich schätze es sind ungefähr 70 Gemälde und 100 Arbeiten auf Papier. Wichtiger als die Zahl der Bilder ist jedoch wie die Werke zueinander stehen. Man weiß vor der Ausstellung, welche Räume man zur Verfügung hat und dann überlegt man sich in Gedanken, wie man die verschiedenen Gemälde so zusammenstellt, dass sie etwas erzählen können. Es ist wichtig, dass der Besucher etwas versteht oder besser versteht als vorher. Es ist wichtig, dass die einzelnen Bilder gut zur Geltung kommen.
MK: Gehören dem Lenbachhaus Werke,die in der Ausstellung zu sehen sind?
HF: Ja, dem Lenbachhaus gehören mehrere Bilder. Zum Beispiel sind da auch sehr frühe Bilder von 1957 und 1961 dabei. Wir haben auch relativ neue Werke wie die Installation „Rot für Gorbatschow“ im Eingang von 1988. Zu seinem 90. Geburtstag hat Rupprecht Geiger dem Museum auch zehn Bilder geschenkt.
MK: Darf Rupprecht Geiger seine Bilder in der Ausstellung anfassen?
HF: Ja, die Bilder, die ihm selbst gehören darf er anfassen. Die anderen, die uns oder anderen privaten Leuten gehören, darf er nicht anfassen. Aber warum sollte er sie auch anfassen wollen?
MK: Gehört Ihnen auch ein Bild von Rupprecht Geiger?
HF: Ja, ich habe ein kleines Bild und eine Grafik zu Hause.
MK: Haben Sie ein Lieblingsbild in der Ausstellung?
HF: Ich mag sehr gern das Rotbild von 1961, das oben im letzten der kleinen Kabinette an der Stirnwand hängt. Es zeigt einen roten Farbverlauf, der erinnert an einen Sonnenuntergang über einem Berggipfel mit rosaroten zarten Wolkenstreifen. Es hat aber interessanterweise einen weißen Streifen im unteren Bildrand. Das ist die bloße Leinwand, die der Maler hier frei gelassen hat.
MK: Warum malt Geiger oft Kreise - vor allem diesen gedrückten Kreis?
HF: Das ist eine interessante Frage. Im letzten Jahrhundert – dem 20. Jahrhundert - ist in der Bildenden Kunst etwas wesentlich Neues entstanden, was man Abstraktionen nennt. Und man in der Malerei begann, nicht mehr die Gegenstände, die man vor sich sieht, ab zu bilden, sondern auf die Gegenstände verzichtete. Und man die Farben als Farben darstellt. Es wurde der Farbklang wichtig, wie Klänge in der Musik. Wie klingen Farben zusammen. Der Maler Kandinsky hat darüber nachgedacht, dass Blau sich anders ausdehnt als Gelb oder Rot. Das Rot sich zum Beispiel als Kreis ausdehnt. Und wenn man einen Sonnenuntergang beobachtet, sieht man, dass die Sonne, die am Himmel steht, nie eine kreisrunde Form annimmt. Eine Form, die nicht mit dem Zirkelschlag gezogen ist, sondern diese Form des gedrückten Kreises annimmt – das sie etwas wie eine Atmung bekommt. Und das Besondere an Rupprecht Geiger ist, dass er diese Abstraktion – das Rationale – mit dem Gefühl verbindet. Das abstrakte Bild lädt er mit sehr viel Emotion, mit sehr viel Gefühl auf, dann bekommt es eine bestimmte Energie.
MK: Warum immer die Farbe Rot?
HF: Rupprecht Geiger benutzt Rot als ein Symbol – als ein Zeichen also. Rot ist die Symbolfarbe für Leben. Jeder hat Sonnenaufgang und –untergang schon einmal erlebt. Ihre Farbe ist Rot. Es ist die Farbe für Tag und Nacht. Wenn man sich verletzt, dann kommt Blut aus unserem Körper. Es ist rot. Es ist die Farbe des Lebens. Wenn die Erde sich öffnet beim Vulkan, strömt Magma nach oben. Es ist rot. Alles was für Energie steht, ist rot. Der Farbe Rot steht auf dem Farbkreis, die Farbe Grün gegenüber. Rupprecht Geiger sagt: „Grün ist das Blut der Natur.“ Und er beschäftigt sich mit dem Rot als Kunstform, das dann Energie und Leben für uns ausdrückt. Deshalb ist Rot auch die Farbe der Liebe, aber auch der Wut, der starken Aufregung. Auch der Revolution, wo alles kocht und brodelt vor dem Krieg. Deshalb hat sich Rupprecht Geiger so stark mit der Farbe befasst, weil dadurch sehr viel zum Ausdruck kommt.
MK: Mögen Sie die Farbe Rot?
HF: Ja, natürlich.
MK: Sind Sie zufrieden mit der Ausstellung?
HF: Ja, ich bin sehr zufrieden, auch weil so junge Leute wie ihr in die Ausstellung kommen.
Man will ja mit der Ausstellung etwas mitteilen. Das ist wie eine Geschichte, die man schreibt, man möchte, dass die Geschichte gelesen wird. Und so ist das mit der Ausstellung auch, man möchte, dass sie jemand sieht und sie jemanden bewegt. Und so hoffe ich, dass ihr für euch auch persönlich etwas mitnehmt aus dieser Ausstellung, was euch längere Zeit beschäftigt, das ist schon sehr wichtig.
MK: Wie viele Besucher haben die Ausstellung bisher gesehen?
HF: 800 kommen täglich, am Wochenende auch 1500. Insgesamt waren es bisher 70.000 Besucher.
MK: Wie ist das mit den Werken von Rupprecht Geiger, bei denen eine Wand angemalt ist wie bei „Rot für Gorbatschow“. Bleibt die Wand?
HF: Die Idee von Rupprecht Geiger für die Installation „Rot für Gorbatschow“ ist für einen Raum gemacht und sie sieht vor, dass eine Wand dabei rot gestrichen sein muss und die beiden Bilder an der anderen Wand hängen. Rupprecht Geiger hat einmal die Farbe für die Wand bestimmt, die Wand wird dann jedes Mal von einem Handwerker in diesem Rotton gestrichen, nicht von Rupprecht Geiger selbst. Die Installation wird nun aber von dort entfernt und es kommt etwas anderes dorthin.
MK: Wir bedanken uns ganz herzlich für dieses Interview.

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